Forst- und Köhlerhof Wiethagen 📞 038202 2035

Holzverschwelung

Rekonstruktion einer bäuerlichen Teerschwele aus dem Mittelalter
Rekonstruktion einer bäuerlichen Teerschwele aus dem Mittelalter

Teer und Pech aus Holz hergestellt, sind die ältesten Kunst­stoffe der Menschheits­geschichte. Bereits in der Mittel­steinzeit kannte man die Teer­gewinnung. Holzteer wurde genutzt als Klebe­mittel und zum Abdichten der Planken hölzerner Schiffe.

In der vorindustriellen Zeit war Holzkohle und -teer im Handwerk, Gewerbe und Haushalt unentbehrlich. Besonders zum Verhütten des Eisen­erzes brauchte man viel Holz­kohle, da mit ihnen die Temperaturen erreicht wurden, mit denen das Eisen aus dem Erz heraus­geschmolzen werden konnte. Die hölzernen Kraft­übertragungen der Hammer­werke, in denen das gewonnene Eisen umgeschmiedet wurde, schmierte man mit einer Mischung aus Holzteer, Leinöl und Tierfett.

Als die pferdegezogenen Acker- und Reisewagen noch Holz­achsen hatten, hing unter der Hinter­achse die "Teerbutte" in der sich das Schmier­mittel befand.

Auch in der Human- und Veterinärmedizin wurden und werden Medikamente verwandt, denen Holzkohle bzw. Holzteer beigefügt war. Beim Huf­beschlag und beim Klauen­schneiden wird heute noch Holzteer als Desinfektions­mittel verwendet.

Teerkeller

Als man Mitte des 19. Jahrhunderts begann, Steinkohle industriell zu fördern und Erdöl zu gewinnen, wurde der Untergang des alten Handwerks der Köhler und Teer­brenner eingeläutet. Hinzu kam, dass die Holz­teer benötigende Segel­schiffahrt von Dampf­schiffen aus Eisen und Stahl abgelöst wurde. Außerdem wurde der Rohstoff Holz immer knapper.

Doch noch heute wird Holzkohle benötigt und eingesetzt, so als Reduktions­mittel in der Metallurgie und für die Herstellung von Aktiv­kohle. Und für das Grill­vergnügen ist Holz­kohle ja auch unverzichtbar.

Teerprodukte

Holzteer und Holzteerprodukte findet man heute vor allem noch in den nordischen Ländern, besonders in Finnland. Neben der Nutzung zur Imprägnierung und als Schutz­anstrich gibt es zahlreiche Produkte mit Zusätzen von Holzteer bzw. Teer­aroma­stoffen wie Teerseife, -shampoo, Sauna­aufgüsse, Mücken­schutz­salbe bis hin zum Teerkonfekt.

Interessant ist heute natürlich die Frage, wie in der Vergangenheit und auch heute noch Holz­kohle, Holz­teer und weitere Neben­produkte hergestellt wurden und werden.

Alles geschah durch die thermische Umwandlung des Holzes, durch die Holz­verschwelung (Pyrolyse). Am bekanntesten ist der Meiler zu Herstellung von Holz­kohle. Für die Teer­gewinnung nutzte man Gruben, die Doppeltopf-Methode und später die Teer­öfen. Im Laufe der Jahr­hunderte entstanden so eine Vielzahl unterschiedlicher Verfahren.

In Abhängigkeit von der Zielstellung der jeweiligen Holz­verschwelung (Holz­kohle oder Teer oder Holz­kohle und Teer und andere Neben­produkte usw.) kann man jedoch zwei wesentliche Arten unterscheiden:

Autothermes Verfahren

Beim autothermen Verfahren es gibt keine Trennung zwischen Reaktions- und Brennholz. Hierzu gehören also die Meiler, die Teergruben, die Graben- oder Hangmeiler oder auch der Kiln-Ofen (Einkammerofen).

Allothermes Verfahren

Beim allothermen Verfahren sind Reaktions- und Brennholz voneinander getrennt. Zu nennen sind hier die Doppeltopf­methode, der Zwei­kammer­ofen (Wiethagen) und die Retorte.

Brennofen

Als Ausgangsmaterial für die Teer­herstellung ist besonders harz­reiches Kiefern­holz geeignet. Gewonnen wurde es vor allem aus den Wurzeln (Stubben) alter Bäume. In den slawischen Ländern nutzte man vor allem die Birke. Gute Holzkohle liefert die Buche.

Auf dem Forst- und Köhlerhof Rostock-Wiethagen finden sie nicht nur die historischen Teeröfen (Zwei­kammer­ofen) von 1837, sondern in einem Modell­park gibt es Originale und Modelle der wichtigsten Holz­verschwelungs­anlagen aus Mitteleuropa.